Der Ablauf von einer Geschäftsanbahnung bis zum Abschluss ist meist ähnlich: man lernt sich kennen – führt ein kurzes aber vielversprechendes Gespräch – beide Seiten klären die Formalitäten für den weiteren Verlauf ab – es kommt zur ersten Lieferung von Waren oder Dienstleistung – beide Seiten freuen sich über den Beginn einer langen Zusammenarbeit. Hurra. Die erste Hürde ist überwunden, der Anfang ist gemacht – riesiger chinesischer Markt mit unzähligen Möglichkeiten: wir sind endlich da um zu bleiben! Welch ein schöner Gedanke, würde ein jeder Chinakenner sagen. Je besser man Chinesen kennt, desto mehr weiß man, wie verstrickt ihre Gedankengänge sind. Je besser man Chinesen kennt, desto mehr weiß man, dass Chinesen nicht nur freundlich sondern vor allem kompliziert sind. Warum – das lest ihr hier.
Der chinesische Diskursstil
Sachverhalt: Chinesen diskutieren gern lang, ausgiebig, wiederholend und detailliert.
Mögliche Ursachen:
– im Mittelpunkt steht hier der Gedanke h?oshìdu?mó – Gut Ding braucht Weile! Chinesen sind der Meinung, dass wichtige, essenzielle Details nicht gleich zu Beginn offengelegt werden. Man muss sich bemühen und geschickte Fragen stellen, um auch das kleinste Detail heraus kitzeln zu können.
– der chinesische Verhandlungspartner hat nur Befugnisse über einen Teilbereich. Er möchte dies aber nicht vor seinen chinesischen Kollegen und schon gar nicht vor den Europäern zugeben. Dadurch würde er sein Gesicht verlieren. Deswegen bespricht er immer wieder die gleichen Detailfragen.
Wer mehr zum Thema Kommunikation mit Chinesen lesen will, kann gern hier nachlesen.
Der Gebrauch von Englisch
Sachverhalt: Auch wenn der chinesische Verhandlungspartner gut Englisch spricht, so kommuniziert er dennoch ungern in Englisch.
Mögliche Ursachen:
– Chinesen haben oft eine in unseren Augen falsche Scheu vor dem Gebrauch einer Fremdsprache. Sie haben Angst davor zu viele Grammatik- oder Aussprachefehler zu machen, was wiederum mit der Thematik des Gesichtsverlustes zusammenhängt. Ausserdem lernen Chinesen eine Sprache nicht „lebend“, sondern sie lernen alles auswendig. Das heißt, sie beherrschen alle Grammatikregeln, von denen wir nicht mal mehr die Hälfte wissen; können zu dem ihnen vertrauten Thema alle Fachvokabeln und fühlen sich im Schriftverkehr wesentlich wohler als in der gesprochenen Sprache. Daher könnte der Eindruck entstehen, dass sie eigentlich sehr gut Englisch können müssten, aber dann doch ungern Englisch reden.
– wenn einer die Verhandlung auf Englisch führt, muss er für etwaige Fragen und Unklarheiten gerade stehen. Chinesisch würde ihm einfach mehr Sicherheit bei den Verhandlungen geben.
Das Geschäftsessen
Sachverhalt: Beim Essen dreht sich alles um „good partnership, best cooperation and best friends“. Doch am nächsten Tag hat man wieder einen ernsten Chinesen vor sich sitzen, der ganz und gar nicht wie sein bester Freund aussieht.
Mögliche Ursachen:
– das Geschäftsessen ist eine heikle Angelegenheit. Es kann eine Abkürzung zum Ziel bedeuten oder auch umgekehrt. Bei einem typischen, traditionellen Geschäftsessen fallen viele Floskeln, die man nicht allzu ernst nehmen darf. Es bedarf jahrelange Erfahrung und gewisses Fingerspitzengefühl um herausfiltern zu können, was vom Gesagten nur Floskeln sind und was ernst genommen werden kann und soll.
– Chinesen sind es nicht gewohnt ihre Gefühle direkt auszudrücken. So nützen sie oft ein Essen als Anlass um ihre Dankbarkeit und Gefühle auszusprechen. Aber wie bereits oben erwähnt, nicht alle Toastsprüche können ernst genommen werden.
Hierarchie
Sachverhalt: Chinesen können und wollen keine Verantwortung übernehmen; europäische Lieferanten werden oft respektlos behandelt – diese zwei augenscheinlich unterschiedliche Themen können zu einem Problem zusammengefasst werden: das streng hierarchische Denken.
Mögliche Ursachen:
– es ist oft sehr schwierig, wenn nicht nahezu unmöglich für ausländische Firmen herauszufinden, wie die wirkliche hierarchische Struktur der chinesischen Firma ausschaut. Die Beziehungen zwischen den einzelnen ist meist so komplex und verstrickt, dass es viel Feingefühl erfordert um an die informellen Informationen heranzukommen. Hilfreich wäre es auf jeden Fall, den auszuforschen, der das Sagen hat.
– auch wenn ein Chinese als Abteilungsleiter oder Projektleiter vorgestellt wird, es muss nicht heissen, dass er auch wirklich über viel Macht und Befugnisse verfügt. Um das Gesicht zu wahren haben die meisten einen Arbeitstitel, der bedeutender klingt als das Aufgabengebiet das er tatsächlich verantwortet.
– aufgrund des strengen Hierarchiedenkens wird eventuell die Wichtigkeit des Besuchs durch den europäischen Lieferanten unterschätzt wenn niemand aus der obersten Managementebene anwesend ist.
Dies ist nur ein kleiner Teil von den Herausforderungen, die auf eine europäische Firma zukommen könnte, wenn diese ernsthaft und langfristig am chinesischen Markt erfolgreich sein möchte. Ein Chinakenner hingegen kann helfen diese Situationen vorauszusagen und zu entschärfen. Durch gute Beratung und langfristige Begleitung macht er es zudem möglich, dass Nerven geschont, Zeit und Geld gespart werden.

Bei Möglichkeit sollte man vielleicht verhindern dass sein Restaurant mit „First Noodle Under The Sun“ beworben wird